PM 9 – Sicherheit für indische Frauen durch Solarlampen

Download als PDF: PM 9 Sicherheit für indischen Frauen durch Solarlampen

Bonn, 14. Januar 2013

Mehr Sicherheit für indische Frauen durch Solarlampen

Besserer Schutz durch besseres Licht – tragbare Lampen helfen

Nach den schrecklichen Verbrechen in Indien fordern Frauen mehr Sicherheit. Schutz bietet auch besseres Licht – und Solarlampen in einem Hilfsprojekt von green energy against poverty

Licht gibt Sicherheit. Diese simple Tatsache bedeutet einen entscheidenden Unter­schied im Alltag indischer Frauen, insbesondere auf dem Lande; und deshalb haben die Solarlampen-Projekte von green energy against poverty nicht nur große Entwicklungs­wirkungen, sondern stärken auch die Sicherheit. Das beginnt schon beim Gang zur Toilette: die einfachen Hütten der Armen haben kein elektrisches Licht, kein Badezimmer und kein Klo. Deshalb bleibt den Frauen nur, sich hinter einem Busch zu verstecken – während der Dämmerung am Morgen und Abend. Im Halbdunkel kommt es immer wieder zu Belästigungen; eine tragbare Lampe wehrt mögliche Täter ab.

Solarlampen geben Licht und Sicherheit. „Wenn Frauen nach Anbruch der Dämmerung von der Arbeit in den Feldern oder vom Feuerholz-Sammeln zurück kehren, können sie mit dem Licht der Solarlam­pen erkennen, wenn sie jemand verfolgen oder ihnen auflauern sollte“, sagt Dr. Sabine te Heesen, CSR-Verantwort­liche von green energy against poverty. Während der Nacht, bei ver­dächtigen Geräuschen vor der Hütte (oder wenn sich Wildtiere an die Hühner oder Ziegen anschleichen) ist helles Licht auf Knopfdruck da, während eine Petroleum­lampe erst angezündet werden muss – wenn sich im Dunkeln Streichhölzer ertasten lassen. Das schumm­rige Licht der bisher verwendeten Petroleumlampen ist nutz­los, wenn medi­zinische Not­fälle Nachts zum Arzt gebracht werden müssen, wie Schwangere bei einer schweren Geburt. Die Petroleumlampen mit ihrer offenen Flamme sind eine grosse Feuergefahr, da die Hütten oft aus Bastmatten und Bam­bus­stangen be­stehen. Durch solche Feuer soll es jedes Jahr über 200.000 Tote in Indien geben – meist Frauen und Kinder, da sie sich länger im Haus aufhalten.

Solarlampen helfen: Gegen diese und viele weitere Probleme helfen trag­bare LED-Lampen, deren Akkus mit Solarpaneelen aufgeladen werden. Die Bonner Hilfs­organisation green energy against poverty setzt solche Lampen und dazuge­hörige zentrale Lade­stationen, die „Energie-Kioske“, in zahlreichen Dörfern Indiens ein. In Calcutta helfen solare Lese­lampen den Schulkindern bei ihren Hausauf­gaben. Die Technik der Solarlampen ist ausgereift und erprobt, und die Geräte gibt es in vielen kleineren Städten zu kaufen. Das Problem ist der Preis – die Armen können sich die (eigentlich recht günstigen) Geräte schlicht nicht leisten, da sie fast einen halben Monatsverdienst kosten. Und so zeigt sich die Problematik, die auch der weitverbreiteten Gewalt gegen Frauen und der schrecklichen Vergewaltigung in Delhi zu Grunde liegt: Armut und Staatsversagen.

Armut schürt Konflikte zwischen verschiedenen sozialen Gruppen – auf dem Land und in der Stadt. Die indische Gesellschaft ist stark fragmentiert entlang von Klassen- und Kastengrenzen; je härter der Verteilungskampf wird, desto mehr leiden darunter gerade die Schwächsten der Gesellschaft, die Frauen. Ganz besonders dann, wenn sie es wagen, ihre klassische Rolle in Frage zu stellen.

Bereicherung statt Hilfe für Arme: Zwar gibt der Staat vor, auch die Armen zu för­dern: so wird z.B. Petroleum zu ein­em von der Regierung festgelegten, stark sub­ventionierten Preis verkauft. Mit dem Rohöl­preis auf den Weltmärkten steigt auch das Defizit für die indische Regierung, da die Kosten nur zu 25 Prozent durch den subventionierten Verkaufspreis ge­deckt werden. Der günstige Preis führt aber auch da­zu, dass Petroleum immer knapp ist – denn mit jedem Liter, der mehr ver­kauft wür­de, steigt das Defizit des Staates. Jeder Bürger hat Anspruch auf einige Liter des ver­billigten Brennstoffs, der in speziellen Geschäf­ten gegen Bezugskarten ab­ge­geben wird. Die Pächter der Geschäfte verdienen ein Vermögen damit, von den knappen Vorräten große Teile abzuzweigen und auf dem Schwarzmarkt zu ver­kaufen. Für mehr als die Hälfte ihres Bedarfs müssen gerade die Armen über­höhte Preise zah­len. Die Mittelschicht ist nicht betroffen, denn sie verfügt über elektrisches Licht.

So führt das Versagen des Staates, die für den Grundbedarf erforderlichen Güter in ausreichender Menge verfügbar zu machen, zu einer umfassenden Korruptheit, die wieder­um durch Staatsbedienstete befördert wird und sie bereichert. Dennoch verursachten die Subventionen für Petroleum schon 2008 Kosten von 137 Milli­onen US-Dollar pro Tag, im Finanzjahr 2010/2011 waren es fast 11 Milliarden Euro. Der Chef des indischen Technologiepartners von green energy against poverty, THRIVE, stöhnt: „Wenn die Regierung die Subventionierung fossiler Brenn­­stoffe einstellen und mit dem gesparten Geld unsere Solarlampen verteilen würde, hätte schon nach neun Monaten jede Familie in Indien Licht!“ Weitere Betriebskosten fallen nicht an, da Erneuerbare Energien keine fossilen Ressourcen verzehren und Photovoltaik nur Sonnenschein braucht – und davon gibt es in Indien über 300 Tage im Jahr. Wenn die Armen der Welt ihr ärmliches Licht erset­zen könnten, blieben der Atmosphäre (und dem Welt­klima) jedes Jahr über 100 Millionen Tonnen CO2 erspart. Solange 1,6 Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu Strom haben, verbrennen sie in ihren vorsint­flut­lichen Lampen 1,7 Milli­onen Barrel Öl pro Tag – mehr als die Öl-Produktion Libyens in einem ganzen Jahr.

Gemeinschaft gibt Sicherheit: Sicherheit beruht nicht nur auf technischen Lösun­gen, sondern auch auf der Gemeinschaft. Die Projekte von green energy against poverty stärken die Gemein­­schaft durch gemeinwesenbasierte und genos­sen­schaft­liche An­sätze. So werden die Energie-Kioske nicht durch Kleinunter­nehmer betrieben, die im Zweifel ihre eigenen Gewinn­interessen über die Entwicklungs­wirkungen stellen. Statt dessen haben die lokalen Partner-NGOs von green energy against poverty Genossenschaften aus den Lampen­­nutzern auf­gebaut, die den Kiosk gemeinsam be­treiben, die lokalen Service-Techniker aus­wählen, etc. So ist auch die Wartung der Geräte sicher­gestellt, die letztlich die Lebensdauer der Lampen bestimmt.

Dieser genossenschaftliche Ansatz ist der entscheidende Unterschied. „Die Men­schen arbeiten zusammen, statt dass jeder nur für sich kämpft“, sagt Georg Amshoff, Vorsitzender von green energy against poverty. „Und sie erleben direkt, dass dadurch jeder pro­fi­­tiert“. So sind die Armen nicht lediglich die Empfänger verschenkter Geräte; sie lernen, zusammen zu arbeiten und gemeinsam für Ihre Rechte zu kämpfen. Die Selbst­behauptungs­kräfte werden gestärkt – und damit ein wichtiger Schritt zur Entwicklung getan.

Frauen entdecken ihre gemeinsame Kraft: Wenn Frauen zusammen arbeiten, ist alles möglich – sogar informelle Sicherheits­systeme. Eine indische Ordens­schwes­ter erzählt von ihren Erfahrungen in einem Slum von Bombay. Weil die Polizei ver­sagt, müssen sich die Frauen selbst helfen: sie tragen Trillerpfeifen bei sich, und wenn eine von Fremden belästigt oder vom eigenen Ehemann geschlagen wird, kann sie sofort Hilfe rufen. „In einem Fall standen gleich etliche Frauen vor der Tür der Hütte“, erzählt Schwester Seema. „Sie haben so auf den Mann einge­droschen, dass er von der Frau abließ und aus dem Slum fliehen musste!“ Ge­mein­sam sind die Frauen stark und können ihre Situation ändern – echtes Empower­ment. Mit einem guten Ansatz können auch kleine Projekt­e viel erreichen.

Eine tragbare Solarlampe kostet 15 Euro und gibt Licht für einen ganzen Raum, eine solare Leselampe für Schulkinder kostet 5 Euro. green energy against poverty sammelt weiter Gelder für Projekte mit diesen Lampen.

 (1.000 Worte / 7.400 Zeichen)