PM 20 – Solar-Lampen am Ende der Welt

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Bonn, 9.5.2016

Erfolgreiches Projekt – Solar-Lampen am Ende der Welt
REisebericht – Zu Gast auf entlegenen Inseln im Ganges-Delta, bei Tigern und
bei engagierten Solar-Technikern

Auf den Inseln im indischen Ganges-Delta versagt die Infrastruktur. Ohne Strom bleiben den Men­schen nur alte, schädliche Petroleum-Lampen. Die Hilfs­organi­sation green energy against poverty e.V. ersetzt sie durch tragbare Solar-Lampen. Mit richtigem Licht können Kinder endlich richtig lernen; sie profi­tieren von der Schule, und Bildung ist der Schlüssel für eine bessere Zukunft. Der Vorsitzende der Hilfsorganisation, Georg Amshoff, hat die Pro­jekte im Frühjahr 2016 besucht und ist beeindruckt von den Erfolgen.

Die Reise dauert sieben Stunden. Nicht die Entfernung ist das Problem, son­dern die Abgelegenheit der Region. Von Calcutta aus, der brodelnden Metro­pole, fährt ein überfüllter Vorortzug zwei Stunden lang nach Süden; an der Endstation in Canning geht es mit dem Bus weiter in die Kleinstadt Basanti, dort muß man auf eine Rikscha warten, die zum Fähranleger Gadkhali fährt. Alle zwei Stunden nur verkehrt das Boot – und nur für Fuß­gänger und kleine Händler mit Warenbündeln, Bergen von Lebensmitteln und Jute-Säcken voller gackern­der Hühner. Angekommen in Gosaba, einer der größeren Inseln im Ganges-Delta, geht es im Beiwagen uralter Motorräder und mit improvisierten Lastenkarren weiter, zu einer kleinen Anlagestelle mit nur drei Booten am Tag. Danach noch eine gute Stunde Fußmarsch über schmale Pfade, und wir sind in Manmathanagar, dem letzten Dorf vor dem Ende der Welt – und dem Beginn des Tigerschutzgebiets Sunderbans, der völligen Wildnis. Wenn Fremde oder Touristen kommen, bleiben sie nicht, sondern fahren gleich weiter.

Auch in Manmathanagar leben Menschen: 40.000 Einwohner haben die sechs weit voneinander entfernten Ortsteile. Am Flußufer liegt, eher notdürftig auf­geschüttet, ein Damm aus gestampfter Erde, der etwas Schutz vor den regel­mäßigen und stärker werdenden Überschwemmungen bieten soll. Davor ärm­liche Lehmhütten, verdorrte Felder, dürres Vieh, ein paar Hühner – das Leben ist hart. Es gibt keinen Arzt, keine Trinkwasserleitungen, und auch keine Elektrizität. Um 17:00 versinkt die Sonne glutrot im mächtigen Strom zwischen den Inseln – und läßt die Dorfbewohner in vollkommener Finsternis zurück.

Jetzt gibt es Hoffnung: das neue „Solar Centre“. Es begann mit einer der vier einfachen Dorfschulen, die eine innovative NGO aus Calcutta seit 2014 hier auf­gebaut hat: endlich können Kinder lernen. green energy against poverty hat für 150 Kinder solare Lese-Lampen zur Verfügung gestellt. Mit diesem Ansatz konnten in früheren Projekten sogar Kinder aus Kinderarbeit befreit werden. Außerdem be­kamen 50 Familien große Solar-Lampen für einen ganzen Raum. Jetzt folgt der nächste Schritt: vier lokale Dorftechniker haben Fortbildungen in Solar­techno­logie absolviert. Mit Unter­stützung der Experten aus Calcutta haben sie eigene Solar-Lampen entwickelt, haben Bauteile eingekauft und Leiterplatten fertigen lassen. Begeistert sitzen sie nun im einfachen „Solar Centre“, hantieren mit Löt­kolben und Meßgeräten und bauen ihre Lampen zusammen. Der Stolz ist ihnen anzu­merken, wenn sie die fertigen Geräte das erste mal einschalten. Der Techniker Deepak Mondal erzählt: „Weil wir die Geräte selber bauen, können wir sie auch warten und reparieren“. Bei Problemen sei man nicht mehr auf den Kunden­service der Lieferanten angewiesen, der in den entlegenen Dörfern nicht funktioniere. Außerdem bleibt die Wertschöpfung im Dorf. Das schafft einige dringend benötigten Jobs. Mit Licht in den Abend­stunden können die Menschen z.B. Matten und Körbe flechten und so etwas Einkommen erzielen. Das reduziert auch die Versuchung, trotz Verbot im Tiger-Reservat Honig zu sammeln oder illegal fischen zu gehen, und verbessert so den Schutz für die Tiger. Außerdem spart jede Solar-Lampe pro Jahr 100 kg CO2: das wirkt dem Klima-Wandel entgegen, der die Inseln schon jetzt massiv bedroht.

Der Vorsitzende von green energy against poverty, Georg Amshoff, ist beein­druckt von den Ergebnissen der Besuche: „Es ist faszinierend, wie enga­giert die Solar-Techniker bei der Sache sind und was sie erreicht haben. Deshalb haben wir eine Ausweitung der Projekte beschlossen, damit noch mehr Men­schen Solar-Lampen erhalten können!“ Lediglich 50 EUR kostet eine Lampe, ein­schließ­lich weiterer Schulungen für die Solar-Techniker. 200 weitere Lampen werden dringend gebraucht; die Techniker möchten so schnell wie möglich mit der Produktion beginnen. green energy against poverty sammelt nun Spenden für dieses Projekt. – (640 Worte / 4.400 Zeichen)
Anmerkung: Die Reise wurde vollständig privat finanziert, es sind keine Verwaltungskosten angefallen. Alle Arbeiten werden bei green energy against poverty e.V. ausschließlich ehren­amtlich geleistet. Deshalb lagen die Verwaltungskosten im Jahr 2015 bei nur 1,8 Prozent.